Beschreibung

Die Findungsphase beginnt mit dem Entschluss, (irgendwann) einen Text verfassen und abgeben zu wollen. Dies kann der Besuch eines Seminars sein, bei dem die Prüfungsleistung eine Hausarbeit ist, oder der Entschluss, das Studium abzuschließen und die Abschlussarbeit in Angriff zu nehmen, oder die Absicht, promovieren zu wollen. Der Entschluss markiert den Beginn, weil in diesem Moment die gedankliche Auseinandersetzung mit einem Projekt beginnt, dessen Ergebnis ein Text ist.

Die gedankliche Auseinandersetzung umschließt ganz unterschiedliche Bereiche und kann mit folgenden Fragen skizziert werden:

  • Worüber will ich schreiben? Also das Thema festlegen.
  • Welchen Aspekt möchte ich untersuchen? Also die Fragestellung entwickeln.
  • Auf welche Art und Weise kann und möchte ich das Thema und die Fragestellung behandeln? Also die Methode bestimmen.

Diese Fragen können in der Regel nicht am Beginn des Prozesses beantwortet werden. Ihre Erarbeitung ist Bestandteil des Arbeitsprozesses. Das bedeutet, dass beim wissenschaftlichen Arbeiten Wissen über den Gegenstand aufgebaut werden muss, das dann versachlicht werden muss. Diese Verbindung von Erkenntnisgenerierung und Erkenntnisdarstellung kennzeichnet wissenschaftliches Schreiben und macht es so schwierig. Denn etwas, was gut durchdacht ist, ist einfacher sprachlich darzustellen, als etwas, was einem selbst noch unklar ist.

In der Findungsphase besteht einerseits die Notwendigkeit in die Breite denken zu müssen, um das Thema greifen und im Diskurs verorten zu können. Andererseits bedarf es einer Fokussierung, um eine bearbeitbare Fragestellung entwickeln zu können. Mit diesen entgegengesetzten Strömungen umzugehen, ist die Herausforderung. Der Schreibtyp ist hier einflussreich, da sich Architekt*innen gerne zu schnell festlegen, während sich Abenteurer*innen gegen das Festlegen sträuben, Eichhörnchen viel sammeln, aber keinen Plan entwickeln wollen, und Zehnkämpfer*innen viel Zeit für das Ausprobieren verschiedener Wege verbrauchen. 

Strategien zum Umgang mit den Herausforderungen

(blauer Stern) Prüfen Sie

  • Was hilft mir, meine Ideen so zu fassen, dass sie für mich greifbar werden?
  • Was ist der Unterschied zwischen einem Thema und einer Fragestellung?
  • Wie kann ich eine Fragestellung entwickeln?

Alles, was Ihnen hilft, die anspruchsvolle gedankliche Arbeit zu bewältigen, dürfen Sie nutzen. Dies umschließt den Gebrauch aller sprachlicher Ressourcen, die Sie haben. Erlauben Sie sich, in allen Sprache zu denken. Es geht in der Findungsphase nicht darum, in der Zielsprache des Textes zu formulieren. Sie sind viel schneller, wenn Sie sich beim Denken wohlfühlen, als wenn Sie sich hier zusätzliche Anforderungen aufbauen. Und dem Text selbst hilft es auch nicht.

 > zur Rezension

Scheuermann, Ulrike (2016): Schreibdenken. Schreiben als Denk- und Lernwerkzeug nutzen und vermitteln. 3. Auflage, Opladen/Toronto: Budrich.


Knorr, Dagmar (2016): Modell „Phasen und Handlungen akademischer Textproduktion“. Eine Visualisierung zur Beschreibung von Textproduktionsprojekten. In: Ballweg, Sandra (Hrsg.): Schreibzentrumsarbeit: Theorie, Empirie, Praxis. Frankfurt/Main u. a.: Lang [Wissen – Kompetenz – Text; 11], 251–273


(Info) Zitiervorschlag für diese Wiki-Seite

Knorr, Dagmar (2020): Der Schreibprozess: die Findungsphase. Wiki "Schreiben im Studium | Academic Writing". Leuphana Universität Lüneburg. <https://lehrwiki.leuphana.de/display/SWCRessourcen/Der+Schreibprozess>