Vom inneren Schweinehund und Aufschieberitis (Prokrastination)

Wissenschaftlich zu schreiben, ist mit vielfältigen Herausforderungen verbunden: Man muss sich Wissen erarbeiten, dieses strukturieren und fachlich und sprachlich angemessen wiedergeben. Und das häufig in einer Form, deren Anforderungen einem nicht wirklich klar sind. Aus den verschiedenen Anforderungen ergeben sich individuelle Herausforderungen. Für die einen sind es die sprachlichen Anforderungen, für die anderen sind es textuelle, mediale oder eben halt solche, die durch die Bewältigung des Schreibprozesses selbst entstehen. 

Zwei Thesen:

  1. Wissenschaftliches Schreiben ist anstrengend.
  2. Beim Schreiben gibt es keine Ausflüchte vor sich selbst. 

Wer mag sich heutzutage noch gerne anstrengen? Sich anstrengen bedeutet, sich zu überwinden und den inneren Schweinehund zu dressieren. Denn Schweinehunde sind Spiegel des Selbst. Wer lernt, wie sein/ihr Schweinehund "tickt", lernt sich selbst kennen. Schweinehunde lieben es zu spielen. Dazu laden sie immer dann ein, wenn Sie ihm die Möglichkeit dazu geben. Eine Aufgabe, die – eigentlich - zu erledigen wäre, bleibt dann liegen. Dies führt dann jedoch häufig zu einem schlechten Gewissen. Sie fühlen sich schlecht. Sie können diesen Kreislauf mit der 3R-B-Methode durchbrechen:

  • Routine: Schreiben ist wie Zähneputzen. Schreiben Sie jeden Tag. Jeder Buchstabe zählt.
  • Rituale: Sorgen Sie für schreibförderliche Bedingungen, wenn möglichst immer die gleichen. Die eine braucht eine Tasse Tee oder Kaffee, der nächste Ordnung auf dem Schreibtisch. Finden Sie heraus, wann Sie sich beim Schreiben wohlfühlen. Beginnen Sie eventuell mit einer Warmschreibübung.
  • Rhythmus: Sorgen Sie für gleichbleibende Schreibzeiten. Dies gilt zum einen für den Tagesrhythmus: Eine Menschen sind morgens früh kreativ, andere nachts, zum anderen für die Strukturierung einer Schreibsession. Hier hat sich eine Abwechslung aus Zeiten der Anspannung/Schreiben von 25 min und Pause (5 min) als erfolgreich herausgestellt. Nach drei Stunden sollte eine längere Pause von mind. 30 min erfolgen. Das Schreibzentrum / Writing Center bietet täglich eine "Zeit zum Schreiben" an.
  • Belohnung: Wenn Sie erfolgreich eine Schreibsession durchgestanden haben, gönnen Sie sich etwas Schönes und genießen Sie die Pause. Das kann ein Spaziergang sein, ein Telefonat oder oder oder. 

Sie werden einen Trainingseffekt feststellen: Zu Beginn fällt es noch sehr schwer, aber wenn Sie diese Anfangsphase durchgestanden haben, haben Sie sich an das Schreiben gewöhnt. Es wird zu einem Teil Ihres Alltags. Der Belohnungstrick funktioniert sehr zuverlässig. Wer sich einer Anstrengung gestellt und sie gemeistert hat, fühlt sich anschließend eventuell erschöpft, aber wohl. Je besser Sie dann im Training sind, desto schneller stellt sich Erholung ein. 

Der Schweinehund kann dabei Ihr Begleiter werden und Ihnen ein Wegweiser zu einem achtsamen Umgang mit sich selbst sein. 

(grüner Stern) Wie sieht Ihr Schweinehund aus? In dem Arbeitsblatt "Schweinehund" können Sie Ihren Schweinehund persönlich gestalten und darüber reflektieren, wann er sich besonders in den Vordergrund drängelt.


In dem Video "Das Schreiben im Homeoffice gestalten – Chancen und Herausforderungen" (YouTube-Video, 45:59 min) präsentiert Dagmar Knorr Tipps und Tricks für das produktive Schreiben im Homeoffice, erläutert wie der innere Schweinehund gezähmt und unter Berücksichtigung des eigenen Schreibtyps effiziente Schreibprozesse gestaltet werden.


 > zur Rezension

Kruse, Otto (1993/2007): Keine Angst vor dem leeren Blatt. 12. Auflage, Frankfurt/New York: Campus Verlag.



(Info) Zitiervorschlag für diese Wiki-Seite

Knorr, Dagmar (2020): Sich Herausforderungen stellen…. Wiki "Schreiben im Studium | Academic Writing". Leuphana Universität Lüneburg, Schreibzentrum / Writing Center. <https://lehrwiki.leuphana.de/pages/viewpage.action?pageId=49612265>